Auf dem Weg zur Brücke, durchquert Tullius wieder die Schiffsmesse. Dort standen Drei des Teams in Uniform und tranken Kaffee. Unerwartet wendete sich einer an den Biologen und hebt seinen Daumen, „Nun hängt alles von Ihnen ab, Doc.“
Tullius lächelte nur knapp, und passierte das Schott zur Brücke. Wieviel wußten die Soldaten überhaupt von der Sache, oder was hatte man ihnen erzählt? Und hatte man ihm alles gesagt?
Kommandant Legassow stand in der Mitte des Raumes, und drehte sich zu Tullius herum. Mit einer Handbewegung wies er zur Utility-Konsole im hinteren Teil der Brücke.
„Die Oberflächenabtastung läuft bereits seid 8 Minuten.“, sagte der Kommandant, als käme es wirklich auf jede Minute an. „Hemsworth, Sie behalten die passiven Sensoren im Auge!“
Tullius nahm an der Konsole platz, und studierte die Daten von der Oberfläche. Legassow kam dazu und schaute ihm über die Schulter. Tullius nutze immer wieder den Zoom, und kommentierte die verschiedenen Örtlichkeiten. Dann zu Legassow gewandt, „Können wir tiefer gehen, Kommandant?“ Dieser gab sofort entsprechende Anweisung an den Piloten.
Während der folgenden 3 Stunden – das Schiff schaffte dabei zwei Umläufe – diskutierten die beiden verschiedene Lande-Optionen. Zwischendurch erkundigte sich Legassow immer wieder beim Piloten, ob fremde Schiffe aufgetaucht wären. Schließlich kamen sie zu einer Entscheidung. Das Schiff setzte zur Landung an.
Der Landeanflug war ziemlich turbulent, und die Hülle wurde auch ziemlich heiß. Doch schließlich setzte das Schiff in einer relativ gleichmäßigen Ebene auf. 5 bis 6 Kilometer entfernt vom Ende einer langen Schlucht. Alle, bis auf den Piloten begaben sich in das Bodenfahrzeug.
Das Cockpit darin war sehr eng; hatte aber zwei Sitze für Pilot und Copilot. Legassow, der das Steuer übernahm hatte befohlen, das Schutzanzüge mit Helm getragen wurden. Das jedoch machte es noch schwieriger, sich in dem begrenzten Innenraum zu bewegen. Die Sicht nach draußen war ohnehin schon eingetrübt, wegen der Atmosphäre und man konnte kaum 40 Meter weit sehen. Tullius, der vorne neben dem Kommandanten saß, hatte Probleme durch das Helmvisier die Anzeigen auf der Konsole vor sich zu erkennen. Das Radar zeigte, dass sie sich langsam dem Hochplateau mit dem Canyon näherten. Die Ebene war von erodierten Steinen und Findlingen übersät. Pflanzen oder irgendwelche Formen von Leben waren nicht zu sehen.
Niemand sprach. Alle starrten nach vorne durch die schmalen Cockpitfenster in die unwirkliche Landschaft. Tullius, gelang es kurz nach hinten zu blicken, wo die übrigen Drei hockten. Einer, der ganz hinten saß hantierte mit einem Gewehr, und wirkte beschäftigt.
Erneut kamen Tullius Zweifel, was den wissenschaftlichen Nutzen der Mission anging. Welche Art von Leben sie auch immer hier finden würden, .. er glaubte nicht, dass Waffen von irgendeinem Nutzen dabei sein würden.
Die Landschaft veränderte sich. Was aus großer Höhe wie ein dunkles ausgetrocknetes Flussdelta aussah, stellte sich nun als eine Art Korallen-Wald heraus. Legassow hielt das Fahrzeug an.
Die Gebilde waren zunächst nicht größer als kleine Büsche; sie waren gelblich und hatten Verästlungen, die tatsächlich wie Landkorallen wirkten.
„Ich möchte näher an das Plateau.“, sagte Tullius über die Helm-Com. Er deutet nach rechts. „Fahren sie uns zu der Lücke dort drüben. Ich hoffe dort kommen wir weiter“
„Nach beweglichen Lebensformen sieht das jedenfalls nicht aus“, kommentierte Legassow.
„Schon richtig, aber ich muß von allem hier Proben nehmen.“
In einem Zick-Zack Kurs bewegte sich das schwere Fahrzeug durch den unberührten Korallenwald. Je näher sie dem Felsmassiv kamen umso größer wurden die Exemplare. Offenbar war ihr einziger Feind, der Wind und die Witterung. Irgendwann stieg Tullius aus, und nahm Proben. Dabei wurde er von Zwei des Teams begleitet. Die Äste dieser Korallen bestanden offenbar aus etwas hartem, das aber leicht brach. Außen waren sie mit braungelben Schleim bedeckt. Sie fuhren weiter. Hielten zwischen durch immer wieder und machten Messungen. Aber von anderen Lebensformen fanden sie keine Spur. Tullius war nicht sehr erpicht, wieder hinaus zu gehen. Denn es hatte sich gezeigt, dass die Anzüge die hohen Temperaturen kaum bewältigen konnten. Man fing nicht nur schnell an zu Schwitzen, es konnte auf Dauer zur Überhitzung des Körpers führen.
Eine Weile später brach die Nacht herein. Die Außentemperatur begann zu fallen. Legassow schaltete das Außenlicht ein, und sie fuhren weiter in Richtung der Schlucht. Und dann stießen sie auf ein altes Flussbett, dass praktischerweise frei von den Korallen war. Nun kamen sie schneller voran. Nicht lange und sie standen vor dem Eingang zur Schlucht. Vielleicht noch 500 Meter davor. Links und rechts erstreckten sich massive Felswände, die im mittel 120 Meter hoch waren. Oben befand sich ein Plateau. Man entschloss sich die Schlucht zu Fuß erkunden. Das sollte einfacher sein, als mit dem schweren Fahrzeug. Aber Legassow bestand darauf, dass zwei der Anderen den Biologen begleiteten.
Schon während der der Dämmerungsphase warf die riesige Felswand einen tiefen Schatten auf den Korallenwald, und es setzte Wind ein. Als die Drei aus dem Vehikel geklettert waren, war es schon sehr dunkel. Nur die Sterne glitzerten über ihnen. Sie schalteten ihre Helmlampen ein und machten sich auf den Weg. Über Funk hörte Tullius wie Legassow mit dem vierten Mann sprach. „Kommen sie nach vorne und übernehmen sie! Ich werde aussteigen und das Fahrzeug von außen inspizieren.“
„Ist alles okay, Legassow?“, erkundigte sich Tullius
Die Verbindung begann etwas zu knistern, „Ja, ja. Nichts Besonderes. Professor Bishop hatte uns drauf hingewiesen, dass die Umwelt hier korrosiv sein könnte, und dass wir schauen sollen, wie sich das auf die Ausrüstung, … vor allem die Reifen auswirkt.“, kam die Antwort.
Je weiter die Drei des Außenteams kamen um so mehr Rauschen trat in der Kommunikation auf. Offenbar störten Mineralien in den Korallenstrukturen die Verbindung. Der Eingang zur Schlucht kam näher, und das Gelände stieg an. Sie mußte zwischen 100 und 150 Meter breit sein. Der Boden wurde weicher und es lagen überall Steine und Felsen herum. Auch wenn es nun stockfinster war, kamen sie gut voran. Wenigstens war es nun nicht mehr so heiß. Die Kühlung der Anzüge machte den Ausflug jetzt viel angenehmer.
Tullius blieb vor einem der Korallenbäume stehen. Er war irritiert. Lag es an den Scheinwerfern, das die gelbliche Färbung fehlte? Er trat ganz nahe heran und stellte fest, dass das Exemplar an vielen Stellen frei von dem Schleim war. Darunter war die poröse Struktur einfach nur grau.
„Kommen sie Doktor, es ist nicht mehr weit.“, sagte Miller, einer seiner Begleiter.
Der Zweite wurde Stevensson genannt, und fragte, „Was denken sie, werden wir dort finden, Doktor Eisenheim?“
„Das kann man nie wissen“, antwortete er, „was wir bisher sahen, zeigt, das diese Welt immerhin schon ein frühes Stadium einer Entwicklung erreicht hat, die irgendwann noch weitere Lebensformen hervor bringen könnte. Aber es ist fragil .. zerbrechlich. Es könnte auch wieder verschwinden.“ , dozierte Eisenheim. „Ich hoffe auf weitere ..“
„Hier schimmert etwas ..“, unterbrach Miller.
„Warten sie, ich komme.“
„Ach … es ist nur eine Pfütze … irgendeine schmutzige Flüssigkeit, die unser Licht spiegelt.“
Als Tullius zu dem Mann aufgeschlossen war, war komischerweise nichts mehr zu sehen.
„Wo ist es?“
„Keine Ahnung. Es war genau hier wo ich stehe. Es muß versickert sein.“
Der Biologe brummelte, „Vermutlich Kondensation während der Nacht ..“
Sie gingen weiter. Stevensson der den Beiden etwas voraus ging rief, „Hier ist mehr davon.“. Und dann, „Das ist komisch. Es scheint auf mich zu reagieren.“
Tullius löste einen der Probenzylinder von seinem Gürtel und eilte zu der Stelle. Sie befanden sich nun innerhalb der Schlucht. Aus den Augenwinkeln nahm er ein schwaches Glühen jenseits ihrer Lampen war. Die ‚Pfütze‘, war eine milchig trübe Substanz, die vor ihnen zurückwich.
„Da soll mir doch einer …“, entfuhr es Stevensson.
Und Tullius, der vergeblich versucht hatte etwas davon in den Zylinder zu schieben, meinte, „Ja, wirklich bemerkenswert.“ Er war auf allen Vieren gelandet, und stand mit einem leichten Keuchen wieder auf. „Ich wünschte, nur diese Anzüge wären nicht so steif“
Tullius hob den Kopf und schaute weiter in die Schlucht hinein. Es gab hier eine Menge dieser ‚Pfützen‘, die offenbar versuchten dem Lichtschein auszuweichen. Wenn der Lichtschein wieder weg war, ging ein schwaches fluoreszierendes Glimmen von der Substanz aus.
„Stevenson, sie bleiben einfach nur hier stehen. Ich werde meine Lampe ausschalten, und versuche eine Probe von dem Exemplar hinter ihnen zu bekommen.“
„Was! Da ist eins hinter mir“, er fuhr herum., und wie das Licht seiner Helmlampe darauf fiel, zog es sich zurück.
„Nicht doch. So wird das nichts.“
Legassow, meldete sich über Funk. „Haben sie etwas gefunden, Eisenheim?“ Es rauschte sehr, und klang, als wäre er etliche Kilometer entfernt.
Plötzlich schrie Miller auf, „Geh weg, geh weg! Es ist etwas an meinem Bein.“ Der Mann verfiel in Panik.
„Warten sie Miller, .. bleiben sie ruhig, wir kommen.“, Tullius und Stevensson liefen los. "Legassow, wir haben hier eine amorphe Lebensform entdeckt“.
„Amorph?“
Doch dann begann Miller mit seinem Gewehr auf den Boden um sich herum zu feuern und sprang wie wild umher. Noch ehe die Beiden ihn erreichten, warf er sich zu Boden. Dabei wälzte er sich panisch hin und her, und feuerte links und rechts an seinen Beinen entlang mit seiner Waffe. „verdammte Scheiße!“, schrie er.
Als Tullius und Stevensson bei ihm waren und ihn mit dem Licht ihrer Lampen bedeckten, waberte die Lebensform langsam von ihm weg. Dabei bemerkte Tullius, das Vibrationen es durchliefen, wie Wellen auf einen See; nur schneller. Dann verschwand es irgendwie im Boden.
Über Funk war Legassow zu hören, wie er Befahl, das Bodenfahrzeug näher heran zu bringen.
Miller unterdessen, keuchte, „Ich glaub’, mein Anzug ist kaputt. Er dekomprimiert.“ Er begann zu husten.
(...)