Die Bluttaufe

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Largo Ormand [EoT]
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Die Bluttaufe

#1

16. August 2017
#1
02. August 3303
Glätte.
Mit zusammengekniffenem Blick begutachtete John sein Werk. Die Oberfläche schien wie aus einem Guß zu wirken. Wieder und wieder ging er mit dem Hobel über die rauhe Maserung des Tolukubaumes.
07_Regenbogen-Eucalyptus-Hawaii.jpg

Er hatte in seiner kleinen Werkstatt schon viele Arten von Bäumen bearbeitet. Keiner war so fest und doch leicht, dabei unheimlich strapazierfähig, wie diese Art. Die Farbe des Holzes ging leicht ins rötliche, mit einem Schimmer von Silber.
Ein weiteres Mal hob er den Hobel um nur Nuancen des Holzes der Tolukucae zu entfernen.
Jetzt, nach dreiwöchiger Arbeit war sein Werk beendet. Er richtete sich auf und betrachtete die Maserung auf dem großen Vollholztisch. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen.
Ja, seine Auftraggeber dürften zufrieden sein.
"Elli?" rief er Richtung Büro.
"Was ist denn?" kam eine angenehm warme Stimme aus dem kleinen Raum, der überquoll von Papieren und Unterlagen. Zwischen den Bergen von Ordnern saß eine ältere Dame mit grau durchzogenem Haar, etwas zusammengesunken auf einem altertümlichen Drehstuhl. Er quietschte leise, als sie sich auf den Schreibtisch aufstütze und Richtung Werkstatt zu ihrem Mann spähte.
"Ich habe den Tisch fertig!", sagte John voller Stolz. "Sie ihn Dir an!"
Mit leisem Knacken der Knie kam sie in die Höhe und musste einen Moment stehen bleiben. Ihre Gelenke waren einfach verbraucht und nicht mehr in Ordnung. Sie schob einen Fuß vor den anderen, dabei stütze sie sich am Tisch und an der Wand ab, bis sie zu der dunkelbraun lackierten Tür kam, die das kleine Büro von der Werkstatt ihres Mannes trennte. Sollte der Auftrag tatsächlich zur vollen Zufriedenheit der Auftraggeber erledigt sein, würde die Entlohnung dafür umso ansehnlicher werden.
Es würde reichen, um ihr eine Operation der Knie zu ermöglichen und auch, die Arbeit etwas zurückzufahren.
Sie konnte die Freude in den Augen ihres Mannes sehen, der aufgeregt vor dem Tisch stand und ihr zulächelte.
"Ja", sagte sie voller Anteilnahme. "Der Tisch ist dir wirklich wunderbar gelungen".
"Nicht wahr?" entgegnete John. "Ich glaube, so gut ist mir die letzten Jahre kein Werkstück mehr gelungen."
Er ging zu seiner Frau und nahm sie in den Arm.
"Mit der Rechnung für diese Arbeit werden wir endlich Deine Operation in Angriff nehmen können!"
"Du kannst das Büro dieses Herrn Ormand anrufen, dass das gute Stück abholbereit ist."





... 3 Monate vorher....
Der kleine Sitzungssaal auf Foden Orbital.
Auf dem großen ovalen Tisch aus Glas lagen Pläne, Skizzen und Zeichnungen. Vorschläge vieler Architekten, Maler, Handwerker und Künstler. Ihre Aufträge haben die meisten mit besonderer Freude entgegengenommen. Jeder Beteiligte konnte sich sicher sein, dass das von ihnen verlangte einzigartig war. Und einzigartig bezahlt wurde. An einer Tafel an der Stirnwand, direkt neben dem Panoramafenster zum Raumhafen waren die Übersichtstabellen der verschiedenen Gewerke abgebildet. Für alle Innenarbeiten gab es mehrere in Frage kommende Handwerker und Künstler. Den Rahmen des Möglichen gab die Dimension des Schiffes vor. Und dieser war bereits seit einiger Zeit gesetzt.
Die meisten Arbeiten waren bereits vergeben, ein paar einzelne Bestandteile fehlten noch.
In einer Zeile stand der Name: John Murton, Schreinerei. Gewerk: Schreibtisch massiv, ovale Form. 6,00m* 3,00m, Material wird gestellt. Zulieferung erfolgt in den nächsten 48 Stunden.





08. August 3303
Die Routine des Prüfprogramms startete mit einem leisen Klickton. Mehrere Sinuswellen rasten über den Bildschirm und bildeten verschiedene Sensoren ab. Die Augen des Technikers waren auf das matte Glas des Rechners gerichtet und verfolgte die Prüfung gewissenhaft. Wie gerne würde er sich jetzt eine Zigarette anzünden. Aber leider war es hier nicht erlaubt. Er schaute sich um. Das Labor war mit allerlei feinster Technik ausgestattet, die ihm nichts sagte. An vielen Geräten schraubten andere Fachmänner herum. Es sah alles sehr modern aus und leuchtete in blauem und weißen Licht. Wie in einem Operationssaal. Nur, dass der Tisch fehlte.
Ihn schauderte.
Die Zigarette sollte er sich wohl lieber verkneifen. War eh Zeit, aufzuhören.
Sonst landete er womöglich tatsächlich in so einem Operationssaal.
Ein weiterer heller Ton erklang und er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Bildschirm.
Ein grünes "OK" zeigte ihm die fehlerlose Funktion des Programms an. Er atmete tief durch.
"Geschafft!"
Der Programmcode lief einwandfrei und er konnte die Hardware anschließen. Die verbauten Scanner und Sensoren waren die Modernsten, die es zur Zeit auf dem Markt gab. Einschließlich mehrerer Ingenieure, er nannte sie "Tüftler und Scharlatane", konnte das Maximum aus der Technik herausgeholt werden. Er löste die Verkabelung und packte seine Sachen ein. Beim Hinausgehen nickte er den anderen Technikern zu und sandte von seinem Communicator eine Nachricht ab.
An: Abteilung Kommunikation, EoT. "Softwareprüfung Bereich Oberflächenscanner abgeschlossen" Generalprobe erbeten.







11. August 3303, 13.30 Uhr



Der große Tag war da. Der Hangar 37 war mit festlichen Fahnen geschmückt worden. In der Mitte konnte man die Umrisse eines großen Schiffes ausmachen, das unter einer dunklen Plane verhüllt war. Diese zeigte das große Sternenbanner der Explorer on Tour. Die Szenerie wurde mit hellen Strahlen beidseitig des Hangars ausgeleuchtet, sodass das Objekt richtig zur Geltung kam.
Daneben waren mehrere Tribünen aufgebaut worden, die Sitzplätze für 300 geladene Gäste bot. Zwischen den Tribünen und dem verhüllten Objekt stand ein Podest, das von drei Seiten mit einer Rehling begrenzt war. Nur eine Treppe mit 12 Stufen führte von den Tribünen her hinauf. Auf dem Podest stand ein Rednerpult sowie ein Zugvorrichtung, die hinüber zum Frontteil des Schiffes zeigte. Dieses war nur auf Armeslänge von der Rehling entfernt.
Um diese Zeit herrschte reges Treiben von Bediensteten, die noch den Soundcheck absolvierten, sowie die Getränke und Snackbars beidseitig der Tribünen aufbauten. Die Fernsehteams verschiedener Sender montierten ihr Equipment, testeten die Sound und Farbkulisse.



15.00 Uhr
Die ersten Gäste kamen in kleinen Gruppen oder Paarweise in den Hangar und suchten sich einen Platz. Manche nahmen sich noch einen Drink mit auf die Tribüne. In einer halben Stunde sollte die Veranstaltung beginnen. In der ersten Reihe fanden sich bereits ein paar Ehrengäste ein. Es gab Vertreter der verbündeten Fraktionen wie der UGC, der BBfA oder der Likedeeler sowie auch der Corsares de Heimdal. Neben dem Podest waren Sitze für die Delegationen der anderen Fraktionen in Toluku reserviert. In der Vergangenheit gab es zwar rechtlich, grenzwertige Ungereimtheiten mit Ihnen. Aktuell stand nur die Wahl zwischen den Explorern on Tour und der auf Foden Orbital beheimateten Tolukus People Party an.
Die Ränge füllten sich mit ausgelassenen plaudernden Gästen und EoT-Mitgliedern.
Der hohe Rat nahm in der ersten Reihe beim Podest Platz, direkt neben den Delegierten der Fraktionen.
Mrs. Lilith und Jimbo Lazy saßen direkt neben Largo Ormand und unterhielten sich leise.
In zweiter Reihe sah man berühmte Entdecker wie ReaperN7, Kolumbus und Guy de Lombard, die sich scheinbar amüsierten. Daneben stand Chessi, Halbklingone der Explorer, mit einem gut gefüllten Glas Blutwein und schien eine gute Geschichte zum Besten zu geben. Sein Zuhörer, Ben Wolf Romach schien fast sein Auge zu verlieren vor lauter Lachen.
Freunde und lange nicht gesehene Bekannte wurden herzlich empfangen und begrüsst. Es kommt nicht allzu häufig vor, dass so viele Explorer zur gleichen Zeit in Toluku verweilten. Umso mehr war heute ein Tag, an dem es sich lohnte, hier zu sein.
Ein Trommelwirbel mit einsetzenden sphärischen Klängen aus den Boxen im Hintergrund sorgte plötzlich dafür, dass die Anwesenden still wurden und sich eiligst auf ihre Plätze setzten. Die Kamerateams nahmen Aufstellung und begannen ihre Übertragung.
Das Licht wurde etwas gedimmt und die Strahler entlang des Schiffes brachten den großen Rumpf zur Geltung, pulsierend im Gleichklang des Liedes.



Als Stille einkehrte dauerte es einen Moment, bis Largo Ormand sich aus seinem Stuhl erhob und zum Podest schritt. Er hatte das lange Gewand der Ratsmitglieder angelegt. Dunkelblau, an der Hüfte tailliert und mit drei Sternen an der Brust.
Silber, nicht Golden wie bei den anderen Mitgliedern des hohen Rates. Die Farbe passte zu seinen silbernen Augen.
Mehrere Scheinwerfer warfen ihre Kegel auf Ihn, sodass er mehrere Schatten in alle Richtungen warf. Ein Applaus aus allen Rängen begleitete ihn bis auf das Podest. Er erklomm die Stufen und stellte sich an das Rednerpult.
Sein Blick richtete sich auf die anwesende Menge, die immer noch applaudierten. Er nickte dankbar mit einem Lächeln.
Als der Applaus verklang, richtete er seine Rede an die Anwesenden.



"Werte Verbündete, geehrte Vertreter der anwesenden Fraktionen, liebe Explorer und Freunde!"
Wie Ihr alle wisst, haben Menschen seit langen Zeiträumen mittels Denken und Mathematik die schönsten Dinge erstellt. Sie haben theoretische Konstrukte errechnet, sie haben die Welt mit Hilfe von Formeln und Zahlen erklärt.
Es gab Zeiten, in denen eine Lösung nicht möglich war. Und doch schafften sie es immer wieder, den Weg zu finden, um einer Lösung nahe zu kommen.
Wir leben jetzt in Zeiten, die wiederrum als schwierig einzustufen sind. Ja, es mag sein, dass wir es mit einer großen Variablen, einer großen Unbekannten zu tun haben.



Die Berichte sind seit Monaten das Gespräch in der Blase. Und auch in Colonia."
Er machte eine kurze Pause und sah in die Menge.
Manche nickten wissend, andere waren neugierig, was nun kam.



"Ich möchte das Wort extraterrestrisch nicht in den Mund nehmen, da wir über das Stadium der einen "Erde" hinaus sind."
Einige der Gäste lachten.
"Nennen wir es nonhumane Lebensformen, die gesichtet wurden. Die vielen Untersuchungen in den letzten Wochen deuten auf größere Aktivitäten hin. Die Interdictions, die Funde der Basen.
Dies haben wir zum Anlass genommen uns auf die Variable vorzubereiten. Keiner kann natürlich sagen, wie mögliche Begegnungen verlaufen mögen.
Es gab in der Vergangenheit Zeiten, die nicht gut liefen für die Humane Spezies."
Er schaute kurz zu Chessi. Zwinkerte. "und humanoidähnliche!"



"Da wir auf alles vorbereitet sein wollen, haben die EoT mit führenden Ingenieuren ein Instrument ersonnen, mit dem es möglich ist, sich dem Unbekannten zu stellen."
Er gab ein Handzeichen und das Sternenbanner wurde von hinten nach vorne abgezogen, sodass das Schiff zum Vorschein kam:
Banner weg.jpg

Applaus brandete auf und die Scheinwerfer tauchten das Schiff in wunderbar helles Licht. Die Farbe war silbern. Die spiegelnde Oberfläche warf das Licht in allen Facetten zurück.
Nur die Vorderfront mit dem Namen des Schiffes war noch verdeckt. Ein zweites Banner verdeckte noch die vordere Rumpfhälfte.



"Dieses Schiff birgt die modernsten Scanner und Sensoren, sowie Laboratorien um dem Unbekannten auf wissenschaftlicher Ebene zu begegnen.
Sollte es im Fall der Fälle nicht ausreichen und unvorhergesehene Ereignisse die EoT zwingen, Foden Orbital zu verlassen, wird dieses Schiff die Mobile Einsatzzentrale beherbergen. Wohnquartiere für die in Foden Orbital stationierten Mitarbeiter der EoT werden hier vorgehalten. Wollen wir natürlich hoffen, dass es nie soweit kommt!"
Largo Ormand machte ein ernstes Gesicht um der Bedeutung seiner Worte mehr Kraft zu verleihen.

Aber dann lächelte er in die Menge und streckte eine Hand nach vorne.

"Bevor wir zum Wichtigsten kommen, dem Namen und der Taufe des Schiffes, möchte ich den anwesenden Fraktionsvertretern die Gelegenheit geben, auch ihre freundlichen Worte an uns zu richten.
Zuerst bitte ich Master Roman Teron, Vertreter der Toluku Peoples Party ans Mikrofon."
Er trat einen Schritt zurück um Master Teron Platz zu machen. Und noch einen.

Dieser erhob sich aus der ersten Reihe, nickte kurz seinen Nachbarn zu und machte sich auf zum Podest. Gemäßigter Applaus begleitete ihn, da in der Vergangenheit durch verschiedene Kriegsakte die Beziehung zur EoT nicht die Beste war.
Er stellte sich ans Rednerpult blickte nach vorne.


-"Ich bin mir der Lage bewusst und werde mein Ziel erreichen" dachte er bei sich. Vor sich die Menge, die gespannt auf seine Worte warteten, hinter sich Largo Ormand.
Die Hand wanderte in die rechte Tasche und umfasste einen Griff. Kalt, hart. Es tat gut das Metall zu spüren. "Jetzt!"
Und so wendete er sich mit einer raschen Bewegung aus der Hüfte nach links um, zog das Messer aus seinem weiten Gewand und streckte den rechten Arm aus.
Die Klinge fuhr in den Hals Ormands der noch ein Lächeln auf den Lippen hatte und nicht gewahr wurde was passierte. Leider drang die Klinge nicht so tief ein, wie er beabsichtigt hatte. Wie in Zeitlupe sank Ormand nach hinten, die Auge weiteten sich, die Wunde klaffte auf und einen kurzen Moment später öffnete sich das Fleisch. Dann ergoß sich ein Schwall Blut in die Luft, der sich in einem hohen Bogen auf den Rumpf der Cutter ergoß. Wie ein roter Regenbogen landete das Blut auf der Außenhülle des Schiffes und lief nach unten.
Er nahm den Schwung mit und drehte sich weiter.
Ein Schrei ertönte hinter ihm auf den Rängen. Während Ormand zu Boden viel, die rechte Hand am Hals, sprangen die Gäste auf. Lärm machte sich breit. Panikartige Schreie hallten durch den Hangar wieder.
Er nahm die Menge kurz wahr und blieb mit seinem Blick an einer Person hängen.
Die rothaarige Frau des Rates starrte ihn unverwandt an. Mrs. Lilith hatte eine Pistole gezogen und zielte auf ihn. Er schloss die Augen.

Der Schuss krachte laut in der Halle. Teron wurde nach hinten geschleudert und prallte gegen das Banner der EoT. Seine Finger krallten sich in den Stoff, ohne das es seinem Bewußtsein noch gewahr wurde. Dunkelheit.
Er riß im Fallen das Tuch mit sich, das ihn unter sich begrub.


Der Name des Schiffes war zu erkennen:
Cutter Name_groß.jpg
Cutter Name_groß.jpg (37.3 KiB) 2965 mal betrachtet
Unter dem Podest sammelte sich eine Pfütze mit Blut.


Epilog:
16.August Intensivstation von Foden Orbital.
Largo sah seine Brüder und Schwester des Rates an und nickte. Die Nachricht, dass keine Beeinträchtigungen durch die Verletzung blieben, stimmte ihn froh. Gut, es wurde ein künstlicher Kehlkopf eingepflanzt und die Halsmuskulatur mit Carbonfasern verstärkt. Eine Narbe würde ihn ein Leben lang daran erinnern.
Largos Hals.jpg

Teron lag auf einer Bare in der Pathologie. Er hatte eine Tätowierung am rechten Arm. Sie zeigte einen stillisierten Raben mit ausgestreckten Flügeln.
Sunny v. Isegrim sah ihn sich an. "Ein Shadow"
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